Was, so fragen Sie sich, soll man in einer Präsentation bringen, wo doch alles schon in der Dokumentation steht?
Antwort gibt die Verordnung über die Berufsausbildung:
"(2) Der Prüfling soll in Teil A der Prüfung eine betriebliche Projektarbeit durchführen und dokumentieren sowie in insgesamt höchstens 30 Minuten diese Projektarbeit präsentieren und darüber ein Fachgespräch führen. [...] Durch die Präsentation einschließlich Fachgespräch soll der Prüfling zeigen, dass er fachbezogene Probleme und Lösungkonzepte zielgruppengerecht darstellen, den für die Projektarbeit relevanten fachlichen Hintergrund aufzeigen sowie die Vorgehensweise im Projekt begründen kann."
Also alles wie in der Dokumentation, nur diesmal mündlich und mit den üblichen Präsentier-Medien. Was Sie in der Präsentation noch unklar lassen, wird man Sie höchstwahrscheinlich später im Fachgespräch fragen.
Bedenken Sie, dass Sie Fachleute vor sich haben, oft alte Hasen, die schon viele Betriebssysteme und Programmiersprachen kommen und gehen sahen.
Es soll Prüfungsausschüsse geben, die verlangen, dass in der Präsentation ein Verkaufsgespräch geführt oder eine Produktpräsentation gehalten wird. Um es kurz zu machen: Das ist unzulässig. Was für eine Präsentationsform Sie wählen, bleibt Ihnen überlassen, Sie müssen lediglich die oben zitierten Vorgaben erfüllen.
Gelegentlich taucht die Frage auf, an welche Zielgruppe ein Vortrag gerichtet sein soll. Manche Prüfungsausschüsse verlangen die vorherige Spezifizierung der Zielgruppe, also z. B. Administratoren, Vertriebsmitarbeiter, Schulungsteilnehmer, o. ä. Ist dies so, dann richten Sie sich am besten danach.
Auf andere wirkt das eher lächerlich. Wenn ich mir im Prüfungsausschuss eine Präsentation ansehe, dann bin ich zusammen mit meinen Kollegen selbstverständlich ein Prüfungsausschuss und nicht die Geschäftsleitung der Firma XYZ aus Dingenskirchen. Da es aber Prüfungsausschüsse gibt, die solchen Firlefanz irrsinnig wichtig nehmen, ist es keine schlechte Idee, vorher auszukundschaften, wie es Ihr Ausschuss denn gern hätte.
Ein Prüfungsausschuss setzt sich zusammen aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern zu gleichen Anteilen und mindestens einem Lehrer. Im allgemeinen entstammen alle Mitglieder einem technischen oder kaufmännischen Umfeld und sind Fachleute auf ihren Gebieten.
Legen Sie eine Gliederung fest! Als klassisch gilt die Aufteilung in Einleitung, Hauptteil und Schluss. Allgemein wirkt ein Überblick über die Reihenfolge am Beginn des Vortrages positiv.
Der ideale Vortrag kommt am Schluss wieder auf den Ausgangspunkt der Betrachtung zurück und spannt so einen Bogen zwischen Anfang und Ende.
Jedes Medium muss nach dem Zweck ausgewählt werden, den es erfüllen soll. Wählen Sie niemals ein Medium nur deshalb aus, weil Sie glauben, es würde irgendwie "dazugehören".
Welche Fonts?
Da man auf Folien und Beamerdokumenten keine langen Texte bringt, sind Serifenschriften wie Times oder New York hier fehl am Platze, da schlecht lesbar. Also serifenlose Schrift nehmen, z. B. Arial oder Helvetica. Auf genügend Kontrast zum Hintergrund und richtige Größe achten. CI-Konzept beachten. Gemäßigte Farbgestaltung wählen.
Tafel, Flip-Chart?
Damit muss man umgehen können, also Vorsicht. Nichts verdirbt einen Vortrag mehr, als wenn jemand linkisch mit der Flip-Chart kämpft.
Niemals den Zuhörern beim Sprechen den Rücken zeigen! Also Mund halten, wenn man etwas an die Chart schreibt.
Braucht man Handouts?
Nein, man braucht sie nicht. Sie sind nicht vorgeschrieben und tauchen in keinem Bewertungsschema direkt auf. Ein guter Vortrag kommt ohne Handouts aus.
Die Präsentation soll 15 Minuten dauern, und die meisten Prüfungsausschüsse pochen peinlichst auf der Einhaltung dieser Zeitvorgabe. Zwar wird Sie niemand mitten im Abschlusssatz unterbrechen, aber es kann leicht passieren, dass man Ihnen das Wort abschneidet. Für Zeitüberschreitung gibt es meist auch Punktabzug, was übrigens auch ganz richtig ist.
Wer im Vortrag ungeübt ist, verschätzt sich beinahe IMMER. Glauben Sie also lieber nicht, Sie könnten Ihren Vortrag im exakt vorgeschriebenen Zeitrahmen abspulen, sondern überlassen Sie nichts dem Zufall. Proben Sie Ihre Rede, notfalls vor dem Spiegel, besser vor Bekannten, die Sie auf wichtige Schwachstellen hinweisen können.
Jeder Mensch hat seinen eigenen Stil. Wenn man dazu steht, hebt das die Überzeugungskraft des Vortrages. Aber es gibt Grenzen der Individualität.
Fangen wir mit der Kleidung an. Straßenklamotten sollten nicht getragen werden, absolute Flops sind Jeans, Turnschuhe, Sweat-Shirts, usw. Tragen Sie aber auch keine Abendgaderobe. Mit Smoking oder Cocktail-Kleid sind Sie overdressed. Also bitte schön, die Herren tragen Stoffhose mit Bügelfalte, Sakko oder Anzug, ein gebügeltes Hemd und, wer nichts anbrennen lassen will, Krawatte. Fliege lieber nicht. Die Damen sind etwas freier. Klassisch wäre Kostüm oder Hosenanzug. Sie dürfen als Dame durchaus sexy daherkommen, wenn das zu Ihrem Typ paßt. Aber wenn Sie hoffen, die meist männlichen Prüfer mit den Reizen Ihrer Figur zu betören, werden die das zwar genießen, aber kaum mit einer besseren Note honorieren; wär ja auch ungerecht, gell? Tragen Sie auch nicht zu dick auf; gepflegte Mittelqualität ist optimal. Wichtig: Kein Kleidungsstück sollte verschlissen, schmutzig oder knittrig wirken.
Dann die Haare: Gönnen Sie sich ruhig einen Friseurtermin ein paar Tage vorher und kommen Sie um Himmels Willen nicht mit ungekämmter oder klebriger Mähne zur Präsentation. Die Herren sollten sich rasieren, außer sie tragen Bart. Auch Dreitagebart ist salonfähig.
Nun soll es Leute geben, die sich selten waschen, duschen oder baden. Falls Sie zu dieser Gruppe gehören, legen Sie die Waschorgie des Monats doch einfach an den Morgen des Prüfungstages. Kaum etwas törnt (auch Prüfer haben Nasen) mehr ab als Körpergeruch. Parfum, Deo oder Rasierwasser schaden selten, es sei denn, Sie dieseln sich damit so ein, dass alle Kopfschmerzen bekommen. Bevor Sie also billig riechen, riechen Sie lieber gar nicht.
Schminke? - Wie die Dame gern möchte.
Piercings haben im offiziellen Geschäftsleben nichts zu suchen.
Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass jenseits der Sachebene bedeutsame Faktoren wie Engagement, Souveränität, Sympathie, Empathie, Wahrhaftigkeit usw. hautsächlich nonverbal signalisiert werden.
Darum ein paar Regeln, die oft missachtet werden: Auf Haltung und Augenkontakt achten. Langsam sprechen, Stimme modulieren, Betonungen einbauen. Schläfern Sie nicht durch eine monotone Stimme ein.
Versuchen Sie, Optimismus und Selbstvertrauen auszustrahlen, auch wenn Sie nervös sind. Ihre Nervosität wird sich im Lauf der Rede abschwächen und niemand nimmt sie Ihnen übel. Also stehen Sie ruhig zu Ihrer Nervosität.
Manche stellen sich mit Nebenbemerkungen selbst in Frage ("Ich bin so nervös; ich mache das zum ersten Mal..."). Das schadet mehr als es nützt.
Geben Sie Ihrem Körper, was er braucht. Wenn Sie vorher nervös sind, machen Sie einen Spaziergang an der frischen Luft oder trinken einen doppelten Schnaps. Achten Sie auch auf genügend Schlaf und kommen Sie nicht mit leerem Magen. Lassen Sie sich auch nicht von anderen verrückt machen und haben Sie keine Angst. Die Prüfer sind meist sehr wohlwollend und wollen Ihnen nichts Schlechtes.
Hände aus den Hosentaschen!
Nun haben Sie es fast geschafft. Das Fachgespräch ist i. A. der letzte Prüfungsteil. Die Prüfer werden Ihnen natürlich jetzt noch eine Viertelstunde auf den Zahn fühlen und nach allem fragen, was ihnen an Ihrem Projekt unklar geblieben ist. Aber damit kennen Sie sich ja aus. Natürlich wollen die auch wissen, was Sie sonst noch so gelernt haben und werden vom Projekt ausgehend das Gespräch auf den fachlichen Background lenken.
Begreifen Sie diesen Teil als Chance. Überlegen Sie nicht zu lange mit der Antwort, aber plappern Sie auch nicht gleich drauflos. Faseln Sie vor allen Dingen nicht, sondern teilen Sie wirklich etwas in Ihren Antworten mit. Wenn Sie eine Frage nicht verstehen, fragen Sie nach, und wenn Sie mal eine Frage nicht beantworten können, geben Sie es lieber zu, davon geht die Welt nicht unter.
Geschickte Prüflinge verstehen es, das Gespräch auf die Themengebiete zu lenken, in denen sie fit sind! Im Idealfall kommt es zu einem Gespräch auf Augenhöhe.
Oft wird der betriebswirtschaftliche Rahmen ignoriert. Standardfrage: "Wieviel hat Ihr Projekt gekostet?" Standardantwort: "Nichts, die Hard- und Software war schon vorhanden und mein Arbeitslohn muss ja sowieso gezahlt werden." Standardreaktion: Daumen nach unten! (überlegen Sie selbst, warum.)
Eine böse Sache sind Fragen nach Firmengeheimnissen. Mag sein, der Prüfer ist sich gar nicht im Klaren, dass solche betroffen sind. Mag auch sein, er ist von der Konkurrenz und will die Gelegenheit nutzen. Gut möglich aber ebensogut, dass er Ihre Loyalität testen will.
Was nun?
Zeigen Sie Geistesgegenwart und antworten Sie sinngemäß etwa so: "Die Beantwortung dieser Frage würde Firmengeheimnisse preisgeben, zu deren Geheimhaltung ich arbeitsrechtlich verpflichtet bin. Könnten Sie die Frage unverfänglich stellen?"
Im übrigen sind Sie klug beraten, wenn Sie eine klare Grenze definieren, welche Eigenleistung vorliegt (die vom Prüfer verstanden und bewertet werden muss) und welche Teile der Geheimhaltung unterliegen, aber nicht detailliert erklärt werden müssen, da sie nicht von Ihnen erbracht wurden. Ist Ihre Eigenleistung selbst ein Firmengeheimnis, haben Sie eindeutig einen Fehler im Projektvorfeld gemacht, den Sie nun auszubaden haben!