Auszug aus der Berufsverordnung für Fachinformatiker

Für alle, die es genau wissen wollen oder müssen, hier ein Auszug aus der bundesweit gültigen Verordnung für die Berufsausbildung zum Fachinformatiker im Originalwortlaut.

Der Text gilt - bis auf die genannten Fachinhalte - auch für die anderen IT-Berufe!


§15 Abschlussprüfung

(1) Die Abschlussprüfung erstreckt sich auf die in Anlage 2 aufgeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sowie auf den im Berufsschulunterricht vermittelten Lehrstoff, soweit er für die Berufsausbildung wesentlich ist.

(2) Der Prüfling soll in Teil A der Prüfung eine betriebliche Projektarbeit durchführen und dokumentieren sowie in insgesamt höchstens 30 Minuten diese Projektarbeit präsentieren und darüber ein Fachgespräch führen. Für die Projektarbeit soll der Prüfling einen Auftrag oder einen begrenzten Teilauftrag ausführen. Hierfür kommt insbesondere eine der nachfolgenden Aufgaben in Betracht:

  1. in der Fachrichtung Anwendungsentwicklung in insgesamt höchstens 70 Stunden für die Projektarbeit einschließlich Dokumentation:
    1. Erstellen oder Anpassen eines Softwareproduktes, einschließlich Planung, Kalkulation, Realisation und Testen,
    2. Entwickeln eines Pflichtenheftes, einschließlich Analyse kundenspezifischer Anforderungen, Schnittstellenbetrachtung und Planung der Einführung;

  2. in der Fachrichtung Systemintegration in insgesamt höchstens 35 Stunden für die Projektarbeit einschließlich Dokumentation:
    1. Realisieren und Anpassen eines komplexen Systems der Informations- und Telekommunikationstechnik einschließlich Anforderungsanalyse, Planung, Angebotserstellung, Inbetriebnahme und Übergabe
    2. Erweitern eines komplexen Systems der Informations- und Telekommunikationstechnik sowie Einbinden von Komponenten in das Gesamtsystem unter Berücksichtigung organisatorischer und logistischer Aspekte einschließlich Anforderungsanalyse, Planung, Angebotserstellung, Inbetriebnahme und Übergabe.

Die Ausführung der Projektarbeit wird mit praxisbezogenen Unterlagen dokumentiert. Durch die Projektarbeit und deren Dokumentation soll der Prüfling belegen, dass er Arbeitsabläufe und Teilaufgaben zielorientiert unter Beachtung wirtschaftlicher, technischer, organisatorischer und zeitlicher Vorgaben selbständig planen und kundengerecht umsetzen sowie Dokumentationen kundengerecht anfertigen, zusammenstellen und modifizieren kann. Dem Prüfungsausschuss ist vor der Durchführung der Projektarbeit das zu realisierende Konzept einschließlich einer Zeitplanung sowie der Hilfsmittel zur Präsentation zur Genehmigung vorzulegen. Die Projektarbeit einschließlich Dokumentation sowie die Projektpräsentation einschließlich Fachgespräch sollen jeweils mit 50 vom Hundert gewichtet werden.

(3) Der Prüfungsteil B besteht aus den drei Prüfungsbereichen Ganzheitliche Aufgabe I, Ganzheitliche Aufgabe II sowie Wirtschafts- und Sozialkunde.

(4) Für die Ganzheitliche Aufgabe I kommt insbesondere eine der nachfolgenden Aufgaben in Betracht:

  1. Planen eines Softwareproduktes zur Lösung einer Fachaufgabe. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er Softwarekomponenten auswählen, Programmspezifikationen anwendungsgerecht festlegen sowie Bedienoberflächen funktionsgerecht und ergonomisch konzipieren kann;
  2. Grobplanung eines Projektes für ein zu realisierendes System der Informations- und Telekommunikationstechnik. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er das System entsprechend den kundenspezifischen Anforderungen unter wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Gesichtspunkten selbständig planen kann;
  3. Entwickeln eines Benutzerschulungskonzeptes für ein beschriebenes informations- und telekommunikationstechnisches System. Dabei soll der Prüfling zeigen, daß er eine anwendungs- und benutzergerechte Schulungsmaßnahme entwickeln sowie den dafür erforderlichen Aufwand ermitteln kann;
  4. Entwickeln eines Sicherheits- oder Sicherungskonzeptes für ein gegebenes System der Informations- und Telekommunikationstechnik. Dabei soll der Prüfling zeigen, daß er ein nach wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Aspekten geeignetes Sicherheits- oder Sicherungskonzept planen und Maßnahmen für dessen Umsetzung erarbeiten kann.

Für die Ganzheitliche Aufgabe II kommt für beide Fachrichtungen insbesondere eine der nachfolgenden Aufgaben in Betracht:

  1. Bewerten eines Systems der Informations- und Telekommunikationstechnik. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er die Leistungsmerkmale, Benutzerfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit und Erweiterbarkeit des Systems hinsichtlich definierter Anforderungen beurteilen kann;
  2. Entwerfen eines Datenmodells für ein Anwendungsbeispiel. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er Kundenanforderungen in ein Datenmodell umsetzen kann;
  3. benutzergerechtes Aufbereiten technischer Unterlagen. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er die zur Anwendung informations- und telekommunikationstechnischer Systeme notwendigen Inhalte fachsprachlicher, einschließlich englischsprachiger Bedienungsanleitungen, Dokumentationen und Handbücher benutzergerecht aufbereiten kann;
  4. Vorbereiten einer Benutzerberatung unter Berücksichtigung auftragsspezifischer Wünsche anhand eines praktischen Falles. Dabei soll der Prüfling zeigen, dass er ein Beratungskonzept entwickeln und kundenorientiert handeln kann.

Im Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde kommen Aufgaben, die sich auf praxisbezogene Fälle beziehen sollen, insbesondere aus folgenden Gebieten in Betracht:

allgemeine, wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge aus der Berufs- und Arbeitswelt.

(5) Für den Prüfungsteil B ist von folgenden zeitlichen Höchstwerten auszugehen:

  1. für die Ganzheitlichen Aufgaben I und II je 90 Minuten,
  2. im Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde 60 Minuten.

(6) Innerhalb des Prüfungsteils B haben die Ganzheitlichen Aufgaben I und II gegenüber dem Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde jeweils das doppelte Gewicht.

(7) Sind im Prüfungsteil B die Prüfungsleistungen in bis zu zwei Prüfungsbereichen mit "mangelhaft" und in einem weiteren Prüfungsbereich mit mindestens "ausreichend" bewertet worden, so ist auf Antrag des Prüflings oder nach Ermessen des Prüfungsausschusses in einem der mit "mangelhaft" bewerteten Prüfungsbereiche die Prüfung durch eine mündliche Prüfung von etwa 15 Minuten zu ergänzen, wenn diese für das Bestehen der Prüfung den Ausschlag geben kann. Der Prüfungsbereich ist vom Prüfling zu bestimmen. Bei der Ermittlung des Ergebnisses für diesen Prüfungsbereich ist das bisherige Ergebnis und das Ergebnis der mündlichen Ergänzungsprüfung im Verhältnis 2 : 1 zu gewichten.

(8) Die Prüfung ist bestanden, wenn jeweils in den Prüfungsteilen A und B mindestens ausreichende Leistungen erbracht wurden. Werden die Prüfungsleistungen in der Projektarbeit einschließlich Dokumentation, in der Projektpräsentation einschließlich Fachgespräch oder in einem der drei Prüfungsbereiche mit "ungenügend" bewertet, so ist die Prüfung nicht bestanden.

Wer was macht - Gremien und ihre Zuständigkeiten

Je näher das Ausbildungsende rückt, desto chaotischer mutet das Prüfungsverfahren an. In Wahrheit ist aber alles sehr klar und eindeutig geregelt. Im wesentlichen hat man es in der Prüfung mit drei Gremien zu tun:

IHK (Industrie- und Handelskammer)

Die Industrie- und Handelskammern bzw. die Handwerkskammern hüten das Erbe der früheren Gilden und Zünfte, also die gemeinsamen Interessen aller in einem Gewerbe beheimateten Betriebe und ihrer Beschäftigten. Der Dachverband ist als bundesweite politische Interessenvertretung der Deutsche Industrie- und Handelskammertag.

Die IHKs nehmen vor Ort öffentliche Aufgaben wahr, wie zum Beispiel die Erteilung von Ausbildungslizenzen an Betriebe, die Registrierung von Ausbildungsverträgen, die Entscheidung über die Verkürzung von Berufsausbildungen, die Änderung von Ausbildungsverträgen und eben die Durchführung von Prüfungen von der Prüfungszulassung bis zum Zeugnis. Gegenüber den Betrieben üben die IHKs eine Aufsichtsfunktion aus.

Hinsichtlich der Prüfungen obliegt den IHKs die gesamte organisatorische und administrative Abwicklung. Jede IHK erläßt eine Prüfungsordnung und legt Fristen und Termine für jedes Prüfungsverfahren fest, organisiert Räume und Aufsichtspersonal, verschickt Einladungen und Begleitinformation, teilt Zwischenergebnisse mit und erteilt das Abschlusszeugnis.

Prüfungsausschuss

Jede IHK beruft für die verschiedenen Berufe Prüfungsausschüsse. Die müssen nach dem Bundesbildungsgesetz BBiG zu gleichen Teilen aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern sowie mindestens einem Lehrer bestehen. Die Mitgliedschaft in einem Prüfungsausschuss ist ein Ehrenamt, das zur Verschwiegenheit verpflichtet. Mitglied kann nur werden, wer nachweislich Fachmann ist.

Die Prüfungsausschüsse korrigieren die schriftlichen Prüfungsaufgaben, führen mündliche Ergänzungsprüfungen durch, genehmigen Anträge für Projektarbeiten, bewerten die Projektarbeit und benoten Präsentation und Fachgespräch.

Die Prüfungsausschüsse prüfen nach der Prüfungsordnung ihrer IHK und den gesetzlichen Vorgaben für den betreffenden Beruf. Sie tragen die alleinige Verantwortung für jede Benotung und fällen ihre Entscheidung ausschließlich nach eigenem Ermessen. Benotungsentscheidungen sind rechtlich grundsätzlich unanfechtbar. Ausnahmen hiervon sind nur bei Formfehlern oder Verletzung allgemeiner Rechtsgüter denkbar.

Aufgabenerstellungsausschuss

Die meisten Bundesländer (Ausnahme Baden-Würtember) nehmen am zentralen Prüfungsverfahren teil. Hierbei erstellt ein zentraler Prüfungsausschuss bestehend aus Prüfern, die nach dem gleichen Schlüssel ausgewählt sind wie die Prüfungsausschüsse vor Ort, die Aufgaben für die schriftlichen Abschlussprüfungen und einen Lösungsvorschlag mit Korrekturhinweisen.