Beschwerde, Widerspruch und Klage - Rechtsmittel

Meist herrscht während oder nach einer Prüfung große Unzufriedenheit. Viele fühlen sich dann ungerecht behandelt, auch wenn die vorgebrachten Gründe oft nicht stichhaltig sind. Jedenfalls gibt es auch Fälle, in denen es sich lohnen kann, sich mit rechtlichen Mitteln zu wehren.

Ein altes Sprichwort sagt allerdings:

"Vor Gericht und auf hoher See sind Sie in Gottes Hand."

Darum zunächst folgendes: Informieren Sie sich genau über Chancen und Risiken der einzelnen Rechtsmittel. Dieses Kapitel hilft Ihnen dabei, die juristischen Zusammenhänge zu verstehen. Auf keinen Fall ist ein Rechtsmittel ein geeignetes Mittel, in irgendeiner Form Rache an der IHK oder den Prüfungsausschüssen zu üben, die haben nämlich nur ein klein wenig Arbeit damit.

Kurzbeschreibung

Beschwerde

Widerspruch

Klage


Juristenchinesisch

IHK-Prüfungen - das mag auf den ersten Blick verwirren - fallen in den Bereich des Verwaltungsrechtes, nicht des Arbeitsrechtes. Zuständig wäre also im Klagefall ein Verwaltungsgericht, und solche Gerichte befassen sich in erster Linie mit formellen Dingen.

Gegen ein Prüfungsergebnis können Sie Rechtsmittel einlegen, sobald es anfechtbar ist und das ist nach Ende des Prüfungsverfahrens, wenn Sie Ihr Zeugnis in Händen halten. Dabei ist der Rechtsweg einzuhalten, was bedeutet, dass Sie die vorgeschriebene Reihenfolge einhalten müssen. Z. B. können Sie keine Klage beim Bundesverwaltungsgericht einreichen, wenn Sie nicht vorher bei der Instanz darunter verloren haben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass man nur gegen einen Verwaltungsakt klagen kann, von dem man selbst betroffen ist und der nicht begünstigend wirkt. Es ist deshalb z. B. nicht möglich, gegen eine Prüfung insgesamt zu klagen, sondern immer nur gegen die eigene, genauswenig wie man dagegen klagen kann, dass man in allen Prüfungsteilen 100% erreicht hat.

Daneben hat aber nach Artikel 27 GG jeder Bürger das Petitionsrecht und hieraus leitet sich das Recht ab, sich bei der zuständigen Stelle über Mißstände zu beschweren. Diese ist dann verpflichtet, die Beschwerde zu prüfen und eine Stellungnahme abzugeben. Obwohl sich mit Beschwerden manchmal Einiges erreichen lässt, ist die Beschwerde kein Rechtsmittel. Darum kostet sie Sie auch keinen Cent. Die Verwaltungsfachleute haben dazu die Merkregel "formlos, fristlos, fruchtlos".

Etwas anders sieht es bei Widersprüchen und Klagen aus. Hier müssen Sie die Verfahrenskosten tragen, sofern Sie verlieren und die Anwaltskosten in jedem Fall. Übrigens sammeln einige IHKs eine Verwaltungskostenpauschale bei Widersprüchen ein und geben sie nur dann zurück, wenn der Widerspruch zum Erfolg führt.

Sorry, das war jetzt alles ein wenig trocken. Genauer (und noch hundertmal komplizierter) kann man das und noch mehr im Verwaltungsverfahrensgesetz VwVfG und der Verwaltungsgerichtsordnung VwGO nachlesen.

Was ist im Vorfeld zu tun?

Wenn Sie sich unfair behandelt fühlen, nehmen Sie zunächst Kontakt mit Ihrer IHK auf und bitten um eine Stellungnahme oder einen Kontakt mit Ihrem Prüfungsausschuß. Vielleicht beruht ja alles nur auf einem Missverständnis, das bei einem informellen Treffen oft rasch ausgeräumt werden kann. Evt. können Sie auch eine Neukorrektur Ihrer Aufgaben erreichen.

In dieser Phase sollte man mit aller gebotenen Freundlichkeit und Diplomatie agieren. So erreichen Sie vielleicht mehr, als wenn Sie sofort böses Blut heraufbeschwören. Erst wenn Sie auf taube Ohren stossen, sollten Sie zu härteren Mitteln greifen.

Was muss ich bei einem Widerspruch berücksichtigen?

Ein Widerspruch wird im Gegensatz zur Klage immer an diejenige Institution gerichtet, die Urheber des widersprochenen Aktes ist, also an die Adresse Ihrer IHK.

Dann müssen Sie sich genau überlegen, wogegen Sie konkret vorgehen wollen und welche Gründe Sie ins Feld führen können.

Analysieren Sie genau, ob ein Widerspruch Aussicht auf Erfolg hat und lassen Sie sich ggf. von einem Anwalt oder anderen erfahrenen Leuten beraten. Genaugenommen haben Sie überhaupt nur dann eine Chance, wenn Sie einen Formfehler nachweisen können oder allgemeine Rechtsgrundsätze verletzt wurden. Aber selbst wenn Ihnen das gelingt, müssen diese so schwerwiegend sein, dass sie eine Prüfungswiederholung o. ä. rechtfertigen und ob sie das tun, ist eine Ermessensfrage.

Beispielsweise haben Sie meist gute Karten, wenn der Gleichheitsgrundsatz verletzt ist. Falls also Ihr Nachbar eine Formelsammlung benutzen durfte, was Ihnen untersagt wurde, dann hätten Sie eine Chance bei einem Widerspruch. Wenn aber Ihr Nachbar fünf Minuten mehr Bearbeitungszeit bekam, dann ist das zwar auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, aber mit einiger Sicherheit keiner, der eine Annullierung der Prüfung rechtfertigen würde.

Dagegen ist es so gut wie unmöglich, gegen eine Benotungsentscheidung anzugehen. Die Benotung liegt im Ermessensspielraum Ihres Prüfungsausschusses und der hat in dem Punkt von Rechts wegen die absolute Lufthoheit, in die sich nicht einmal das Bundesverwaltungsgericht einmischen würde. Also versuchen Sie es lieber erst gar nicht.

Wenn Sie das alles genau bedacht, Rat eingeholt haben und mit Erfolg rechnen, dann setzen Sie mit aller Sorgfalt einen Brief an die IHK auf, schildern darin, womit Sie nicht einverstanden sind, begründen Ihr Anliegen und schicken ihn per Einschreiben ab.

Wichtig: Es muss unmissverständlich klar werden, dass Ihr Schreiben die Rechtsqualität eines Widerspruchs hat, nicht etwa einer Beschwerde. Schreiben Sie also in der Betreffzeile "Widerspruch gegen..." und im Text irgendwo "...lege ich hiermit Widerspruch ein... ".

Und dann lehnen Sie sich gemütlich zurück und harren der Dinge, die da kommen mögen; gut Ding will Weile haben.

Widerspruch abgelehnt, was dann?

Wenn Ihr Widerspruch abgelehnt wird, stehen Ihnen zwei Möglichkeiten offen. Entweder geben Sie Ruhe oder reichen Klage ein.

Wann sollte man klagen?

Man sollte niemals klagen!

Das verwundert Sie jetzt natürlich, denn Sie kennen einen Haufen Spielfilme und Fernsehserien über erfolgreiche und heldenhafte Gerichtsprozesse. Lassen Sie sich davon nicht blenden. Der Alltag bei deutschen Verwaltungsgerichten sieht nämlich ganz anders aus. Da trifft man sich in einem Sitzungszimmer, es geht ausschließlich um Formalkram und ob Sie Recht bekommen, ist mehr als fraglich. Und selbst wenn, dann investieren Sie dafür eine Menge Zeit, Geld und Nerven.

Denken Sie auch daran, dass Gerichtsverfahren Monate, wenn nicht sogar Jahre dauern können.

Wie gehe ich bei einer Klage am besten vor?

Gehen Sie zu einem erfahrenen Anwalt!

Ohne Anwalt hätten Sie kaum Chancen, Ihre Ansprüche durchzusetzen. Suchen Sie sich aber einen, der auf solche Widerspruchsverfahren spezialisiert ist und sprechen Sie alles Nötige mit ihm durch.

Ein Problem sind immer die Kosten. Verschaffen Sie sich einen Überblick darüber. Für Bedürftige gibt es vom Staat Prozesskostenhilfe, aber dies auch nur, falls die Bewilligungsstelle Ihrer Klage Erfolgsaussichten zuerkennt. Ansonsten haben Sie vielleicht Glück und sind in einer Gewerkschaft, einem Berufsverband oder einer Rechtsschutzversicherung, die Ihre Anwaltskosten übernimmt. Prozesskosten kommen noch hinzu.

Und dann fragen Sie sich noch einmal ganz gewissenhaft, ob Sie sich das alles wirklich antun wollen und ob sich das für Sie wirklich lohnt! - Sie müssen das nicht haben und ein Beratungsgespräch beim Anwalt ist allemal billiger als ein Prozess.

Der Inhalt dieser Seite ist keine juristische Fall-Beratung.